Malteser
magazin
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Aus der Malteser Welt
Hunderte Menschen auf engem Raum.
Vier-, Sechs- und Achtbettzimmer. Spra-
chen aus mehr als 20 Ländern. Christen,
Muslime, Atheisten. Junge und Alte – alle
mit demselben Ziel: In Deutschland ein
Zuhause zu finden, in dem sie friedlich
leben können. – Blicke in zwei Unterkünf-
te, in denen die Malteser die asylsuchen-
den Menschen betreuen.
Es ist ruhig in Nostorf-Horst. „Wer hier
hinkommt, spürt erst einmal die Ruhe“,
beschreibt Andreas Konen, Leiter des Mi-
grationsbüros der Malteser Werke in Meck-
lenburg-Vorpommern, die Einrichtung.
Horst liegt an der früheren innerdeutschen
Grenze, ohne Anbindung an eine größere
Stadt. Die Landesregierung hatte den ein-
samen Ort für die zentrale Unterbringungs-
einrichtung in den 90er-Jahren gewählt.
Vorteil für die rund 700 Bewohner: „Keine
Polizeipräsenz, kein Blaulicht, aber immer
genug zu essen“, sagt Konen.
Das ist natürlich nur ein Teil. Wichtig ist
den Maltesern, die Bewohner zu betreuen,
sie nicht einfach nur mit einem Bett und
einer warmen Mahlzeit zu versorgen. An-
gebote wie Deutsch-Unterricht, Freizeitak-
tivitäten, Frauentreffs oder Spiele mit Kin-
dern gehören zum Leben in einer großen
Einrichtung dazu. Die Flüchtlinge und
Asylbewerber sollen mit Deutschland ver-
traut werden und zur Ruhe kommen.
„Ruhe und Frieden kann für die Erwachse-
nen auch bedeuten, ihre Kinder lachen zu
sehen, wenn die einen gespendeten Teddy-
bären in der Hand halten“, sagt Andreas
Konen. 30 Mitarbeiter umfasst das Team
in Horst. Sie wissen, wie sich die Menschen
fühlen und wie sehr sie auf Zuwendung an-
gewiesen sind. „Denn viele der Bewohner
sind traumatisiert, haben Schlimmes er-
lebt“, so Konen.
Gut 400 Kilometer südwestlich von Horst
liegt Rees. Die Kleinstadt am Niederrhein
hat denselben Anspruch wie Horst. Hier
betreut der Malteser Hilfsdienst mit fachli-
cher Unterstützung der Malteser Werke im
Auftrag des Landes die Flüchtlinge. Seit
dem Frühjahr kümmert sich das 25-köpfi-
ge Team der Malteser um die rund 150
Bewohner aus Guinea, Marokko, Eritrea,
dem Kosovo, Indien, Afghanistan und Ta-
dschikistan. Mit Dirk Fahrland wurde ein
ehrenamtlicher Malteser aus der benach-
barten Gliederung in Bocholt mit der
Leitung betraut. Der Jurist sieht die Aufga-
be ganz in der Tradition des Malteserordens,
der sich um Kranke, Verletzte und Hilfesu-
chende kümmert. In Rees gelang es ihm
und seinem Team, die Bevölkerung mit der
Einrichtung zu verbinden. „Natürlich gab
es auch kritische Stimmen aus der nahen
und ferneren Nachbarschaft“, erzählt er.
Doch mittlerweile haben die ersten Erfah-
rungen gezeigt, wie groß die Unterstützung
ist. Der kleine Kindergarten ist dank vieler
Spenden ebenso gut ausgerüstet wie die
Kleiderkammer. „Es ist eine echte Will-
kommenskultur entstanden. Das spüren
unsere Bewohner“, glaubt Fahrland. Nach
durchschnittlich zwei Wochen verlassen die
Flüchtlinge die Unterkunft wieder. Ähnlich
wie in Mecklenburg-Vorpommern werden
sie in kommunale Einrichtungen verteilt
und bleiben dort, bis über ihren Asylan-
trag entschieden ist.
Ganz nah an den kleinen und großen Sor-
gen der Bewohner dran sind die Betreuer-
innen und Betreuer. Einfühlungsvermögen,
Fremdsprachen-Kenntnisse und oftmals ei-
gene Erfahrungen mit der Flucht aus der
Heimat kennzeichnen die Angestellten der
Malteser. Manche sind selbst einmal von
den Maltesern aufgenommen und betreut
worden – und leben heute mit ihren Fami-
lien in der Region.
Klaus Walraf
Flüchtlinge willkommen
Foto mit Spielplatz: In Nostorf-Horst können sich die
Flüchtlinge erholen. Viele von ihnen haben Verfolgung
und Gewalt erlebt.
In der „Kinderstube“ in Rees: Malen und Basteln mit Betreuerin Jutta Neuhaus-Goudis
In 30 Unterkünften betreuen die
Malteser Werke im Auftrag von
Ländern und Kommunen Flüchtlinge.
Vergangenes Jahr verzeichneten die
Malteser 1,2 Millionen Übernachtun-
gen. Auf diese Weise lernte jeder vierte
Flüchtling die Malteser kennen
Fotos: Malteser