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Palliative Care
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Palliative Care
Liebevoll Schmerzen lindern, Einsamkeit nehmen,
Lebensqualität geben
„Palliative Care“ ist eigentlich nicht ins
Deutsche zu übersetzen. Da sind sich alle
einig, die damit zu tun haben. Es geht um
Achtsamkeit, Sorge, liebevolle Zuwendung,
Pflege, schmerzlindernde Medizin und
vieles mehr für schwerkranke und ster-
bende Menschen – nach Maßgabe ihrer
Wünsche und Bedürfnisse und unter Ein-
bezug sowie Unterstützung ihrer Ange-
hörigen. Für all das steht dieser einfache
englische Ausdruck.
Was zu Palliative Care gehört, macht das
Drei-Säulen-Modell deutlich: Medizin, Pfle-
ge sowie psychosoziale und spirituelle Be-
gleitung wirken zugunsten der Lebensqua-
lität des Patienten zusammen. Dabei ist
mit „Pflege“ über die der beruflichen
Kräfte hinaus auch die Pflege durch Ange-
hörige gemeint. Und in der „Psychosozialen
Begleitung“ ist das Gespräch des Arztes
oder der Pflegekräfte mit dem Patienten
genauso enthalten wie die Sorge und Betreu-
ung durch Angehörige oder ehrenamtliche
Begleiter. Palliative Care entsteht aus dem
Zusammenwirken vieler. Je nach Bedarf ent-
steht um den Sterbenden und seine Ange-
hörigen herum ein weiter oder enger ge-
spanntes Netz verschiedener Berufsgruppen
und Tätigkeitsfelder. Dazu können neben
Ärzten, Pflegekräften und ehrenamtlichen
Begleitern beispielsweise auch Seelsorger,
Physiotherapeuten, Psychologen, Sozialar-
beiter oder Kunst- und Musiktherapeuten
gehören.
Was Menschen auf der letzten Strecke
ihres Lebenswegs brauchen
Bedürfnisse und Wünsche, Verluste und
Defizite gehören zum Menschen dazu. Sie
können sich körperlich, seelisch, sozial
oder spirituell auswirken. In jedem dieser
Bereiche führen Mangel und Unterversor-
gung zu Schmerzen und Not. Bei Schwer-
kranken und Sterbenden sind oft mehrere,
wenn nicht alle Dimensionen betroffen.
Wobei die physische Seite besonders wichtig
ist: „Erst wenn die körperlichen Schmer-
zen gelindert sind, kann man auch in den
anderen Dimensionen helfen“, betont Ta-
mara Maier, Koordinatorin im ambulanten
Hospizdienst der Berliner Malteser.
Schmerzen im psychischen Bereich kön-
nen aus der Sorge um die Familie entstehen
– wie soll es mit den Kindern weitergehen?
Oder im Sozialen, wenn sich Freunde zu-
rückziehen und Vereinsamung einsetzt. In
der spirituellen Dimension geht es um Sinn-
fragen: Was bleibt von mir? Wohin gehe
ich? „Fast alle Sterbenden tragen sich mit
diesen Gedanken“, weiß die 55-jährige exa-
minierte Altenpflegerin. „Und es schmerzt,
wenn niemand da ist, mit dem man darü-
ber sprechen kann.“
Wenn in diesen vier Bereichen Schmerzen
gestillt und Nöte behoben sind, kann
sich Seelenfrieden einstellen. Körperliche
Schmerzen fängt die Palliativmedizin mit
ihren erstaunlichen Möglichkeiten auf. Für
die anderen drei Dimensionen gilt: Dasein
und Zuhören bewirken die beste Linderung.
Tamara Maier sagt es ganz einfach: „Pallia-
tive Care ist vor allem miteinander reden,
reden, reden!“
Das hilft auch, Blockaden zu lösen. Wie
etwa bei der 86-jährigen Frau Banse (Name
geändert), die im Pflegeheim lebt, als schwie-
rig im Umgang gilt und von der eine Hos-
pizbegleiterin im Buch „Es tut so gut, mit
dir zu sprechen“ erzählt (siehe nächste Seite).
Miteinander sprechen tut gut – und ist für beide Seiten bereichernd.
Palliative Care
Medizin
Pflege
Psychosoziale
und spirituelle
Begleitung
Tamara Maier ist Koordinatorin im ambulanten
Hospizdienst der Malteser in Berlin.
Foto: Wolf Lux
Foto: Malteser Rhein-Ruhr
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