Malteser
magazin
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Palliative Care
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Das Leiden beenden, nicht das Leben
Malteser Antworten auf häufige Fragen zu
Sterbebegleitung und Sterbehilfe
Warum sollte nicht jeder schwerkranke
Mensch das Recht haben, sein Leben zu
beenden?
Würde man ein „Recht auf Lebensbeendi-
gung“ gesetzlich regeln, wäre damit ein
Anspruch verbunden, der einklagbar wäre.
Das geht weit über die Entscheidung des
Einzelnen hinaus und nimmt über einen
Rechtsanspruch die ganze Gesellschaft in
die Pflicht. Selbsttötung und Beihilfe dazu
sind in Deutschland straffrei. Daraus darf
nicht abgeleitet werden, dass es ein Recht
auf organisierte oder ärztlich assistierte
Beihilfe zum Suizid gibt. Eine entspre-
chende gesetzliche Regelung würde das
individuelle Selbstbestimmungsrecht über
gesellschaftliche Grundsätze stellen, wie
nicht zu töten und das Leben zu respektie-
ren und zu schützen. Das ist abzulehnen.
Was wünschen sich sterbende Menschen
eigentlich?
Wer suizidwillige Menschen fragt, warum
sie ihr Leben beenden möchten, bekommt
meist zur Antwort: Man wolle
so
nicht mehr
leben. Fast immer ist es also ein Hilferuf,
aufgrund von Schmerzen oder Unsicherheit
vor dem Tod – Ursachen, denen man begeg-
nen kann: Die Palliativmedizin kann selbst
starke Schmerzen lindern; in der Hospizar-
beit begleiten geschulte Kräfte die Schwer-
kranken und Sterbenden und sorgen dafür,
dass die Menschen nicht alleine sind, son-
dern erfahrene Gesprächspartner haben.
Und auch die Angehörigen werden entlas-
tet, wenn sie sich Hilfe von außen holen.
Wer diese Hilfen bekommt, wiederholt sei-
nen Sterbewunsch in der Regel nicht.
Wenn der Wunsch nach Selbsttötung un-
verändert ist: Warum sollten nicht Spezi-
alisten dabei helfen dürfen?
Die Forderung nach einem ärztlich assis-
tierten Suizid berührt das Selbstverständnis
des Arztes wie auch das Verhältnis zwi-
schen Patient und Arzt in grundsätzlicher
Weise. Deshalb findet sich unter anderem
in den „Grundsätzen der Bundesärztekam-
mer zur ärztlichen Sterbebegleitung“ eine
klare Ablehnung jeder Form der direkten
Tötung auf Verlangen, aber auch der ärztli-
chen Beihilfe zum Suizid. Die Aufnahme
der Suizidassistenz als medizinisch-thera-
peutische Maßnahme würde zu einer „Be-
weislastumkehr“ führen: Arzt und Patient
könnten begründen müssen, warum sie
trotz Aussichtslosigkeit den natürlichen Pro-
zess des Sterbens gemeinsam gehen wollen.
Teilen Vereine, die Hilfe zum Sterben an-
bieten, die Grundprinzipien unserer Gesell-
schaft?
Eine wiederholt organisierte Hilfe zum
Sterben – auch durch nicht-kommerzielle
Vereine und Einzelpersonen – widerspricht
gesellschaftlichen Grundsätzen, wie nicht
zu töten und das Leben zu respektieren
und zu schützen.
Können klar festgelegte Grenzen dafür
sorgen, dass die Suizidbegleitung nur
wirklich schwerkranken Menschen zur
Verfügung steht?
Die Beispiele Niederlande und Belgien, wo
der assistierte Suizid erlaubt ist, zeigen,
dass aus plausibel „begründeten“ Einzelfäl-
len zunehmend eine Weitung auf andere
„Man hat ja oft einen Start von Null in seiner
Begegnung mit einem Patienten. Beeindruckend ist
dann immer wieder, dass es so ein unverfälschtes,
ehrliches und offenes Begegnen ist. Das ist einfach
die Bestätigung, dass hier ein Ort ist, wo mit all der
Trauer und Tragik, die jemand in dieser Situation
erlebt, auch ein Wohlfühlen stattfindet. Es ist einfach
immer wieder beeindruckend, dass dieses eigentlich
Traurige schön sein kann.“
Heike, Hospizbegleiterin
„Das denke ich doch, dass ich gut aufgefangen werde
hier – und auch mein Mann. Es wird auch ein Scherz
gemacht. Wir haben vorhin noch sehr gelacht mit
einem Pfleger. Was die Patienten sich wünschen, das
wird alles möglich gemacht.“
Marlene, Ehefrau eines Hospiz-Patienten
Fotos: Franz Engels
Die hier eingestreuten Aussagen
gibt es vollständig als Video-Reihe im
Internet:
Gesichter der
Malteser Hospizarbeit