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magazin
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III
„Ein schwieriges Thema ins Gespräch bringen“
(rr) Carolin Dümmer, 24, Studentin der Politikwissenschaften aus Trier, ist seit 2012
aktiv beim Malteser Hilfsdienst. Während ihres Freiwilligen Sozialen Jahres ließ
sie sich zur Erste-Hilfe-Dozentin ausbilden, außerdem ist sie Jugendgruppenleite-
rin und seit 2016 Multiplikatorin für den Bereich Prävention in der Region Trier.
Warum haben Sie sich zur Multiplikato-
rin ausbilden lassen?
Ich wurde von meiner Dienststelle ange-
sprochen, die Multiplikatorenschulung
zu besuchen. Zunächst war ich skeptisch,
ob ich einen ganzen Tag lang eine Schu-
lung zu diesem Thema halten wollte. Ich
kannte das Modul sexualisierte Gewalt
von der Gruppenleiterschulung. Da ich in
der Jugendarbeit aktiv bin, auch in einem
Musikverein und an der Universität, ist
mir klar, wie wichtig das Thema ist und
dass darüber gesprochen werden muss.
Wie viele Kurse haben Sie bisher gehal-
ten?
Seit dem Frühjahr 2016 habe ich etwa je-
den Monat eine Schulung gehalten, im-
mer samstags.
Wie ist die Reaktion der Teilnehmer in
den Kursen?
Viele Teilnehmer sind am Anfang dem
Konzept des Kurses gegenüber sehr skep-
tisch, da dieser nicht freiwillig ist und be-
sucht werden muss, wenn man in gewis-
sen Bereichen bei den Maltesern tätig sein
will. Positiv ist mir aufgefallen, dass alle
versuchen, sich auf das Thema einzulas-
sen, und nachvollziehen können, warum
die Malteser so viel Wert auf diese Fortbil-
dung legen. Negative Reaktionen im Kurs
hatte ich noch nicht.
Ihr Fazit?
Das Thema ist schwierig, unangenehm
und stark emotional, deswegen ist es
durchaus verständlich, dass viele Teilneh-
mer der Schulung eher mit Zurückhal-
tung gegenüberstehen. Ein Thema wird
aber nicht weniger emotional, wenn man
nicht darüber spricht. Ich wünsche mir,
dass das Thema nicht mehr tabuisiert
wird.
„In der Schulung die Sinne geschärft“
(rr) Cornelia Lorenz, 54, ist verheiratet, medizinische Fachangestellte, hat 2015 die
Ausbildung zur ehrenamtlichen Hospizhelferin absolviert und ist in diesem Be-
reich seit November 2015 tätig.
Hatten Sie schon vor der Schulung Er-
fahrungen oder Kontakt mit dem Thema
sexualisierte Gewalt?
Nein, hatte ich noch nicht. Da für mich
der Zusammenhang von sexualisierter
Gewalt und Hospizdienst fremd war,
wollte ich Informationen über dieses The-
ma sammeln. Die Inhalte der Schulung
waren teilweise „schwere Kost“, die ich
erst einmal verdauen musste. Die Themen
wurden anhand von Beispielen von den
Kursleitern gut vermittelt und die Schu-
lung war sehr kurzweilig. Es kamen gute
und beeindruckende Gespräche in der
Gruppe zustande.
Hat sich in Ihrer ehrenamtlichen Tätig-
keit für die Malteser nach der Schulung
etwas geändert?
Ja, meine Sinne wurden bezüglich mögli-
cher sexueller Gewalt geschärft. Ich wer-
de mich für den oder die Betroffenen ein-
setzen, falls ich in eine Situation komme,
in der ich Grenzverletzungen, Übergriffe
oder gar Straftaten wahrnehme oder be-
obachte. Was ich mir vorher nicht vorstel-
len konnte, war die Feststellung, dass es
selbst bei der Hospiz-Begleitung keine
Altersgrenze gibt, sowohl bei den Betrof-
fenen als auch bei den „Tätern“.
Halten Sie das Thema für gesellschafts-
politisch wichtig?
Ja, sehr sogar. Da sexualisierte Gewalt in
der heutigen Zeit sehr oft Thema ist und
viele Betroffene Unterstützung bekom-
men können, wenn das Umfeld sensibili-
siert ist. Manche Menschen aus dem na-
hen Umfeld nehmen diese Gewalt zwar
wahr, schauen aber einfach weg, was ich
sehr traurig finde. Meiner Meinung nach
sollen die Schulungen auch weiterhin
regelmäßig angeboten werden, um ganz
viele Menschen damit zu erreichen.
Ihr persönliches Fazit zu dieser Schu-
lung?
Meine Erkenntnis daraus ist, dass ich
nicht wegschaue, sondern versuchen wer-
de, grenzverletzendes Verhalten – falls er-
folgt oder vermutet – zu stoppen, indem
ich umgehend die entsprechende Person
wegen ihres Verhaltens anspreche. Sollte
es kein Versehen gewesen sein und sich
wiederholen oder auch Übergriffe erfol-
gen, weiß ich, dass ich mich mit der Prä-
ventionsbeauftragten oder dem Team des
Hospizdienstes DA SEIN in Verbindung
setzen kann, damit erforderliche Schritte
eingeleitet werden.
Carolin Dümmer
Cornelia Lorenz
Foto: Rente Reus
Foto: Nicole Dietzel