Malteser Magazin 02/2018 Nord/Ost

malteser regional  •  Nord/Ost Malteser magazin • 2/18 IV Malteser im Bezirk Oldenburg starten Pilotprojekt Gemeinde-Notfallsanitäter Oldenburger Land. Im Landkreis Vechta ist jeder fünfte von insgesamt 12.500 Rettungsdiensteinsätzen im Jahr eigentlich entbehrlich. Eigentlich, weil die Menschen, die den Notruf abgesetzt ha- ben, sich nicht besser zu helfen wussten und die 112 gewählt haben. Der, mit dem Rettungswagen eingetroffene Notfallsa- nitäter stellt dann fest, was die Leitstelle eigentlich schon wusste: Kein akuter Not- fall! Es hätte gereicht, am nächsten Tag den Hausarzt aufzusuchen! Dann ist der rettungsdienstliche Einsatz aber bereits im Gange, das Rettungsmittel blockiert und die vom Landkreis mit den Kosten- trägern vereinbarte Gebühr fällig. „Die Leute wissen sich nicht anders zu helfen, wenn sie keinen Arzt erreichen können, als die 112 zu wählen.“ Ähnlich sieht es auch in den anderen Tei- len des Oldenburger Landes aus. „Die drastisch gestiegen Einsatzzahlen der letzten Jahre haben etwas mit der de- mografischen Entwicklung zu tun, aber auch damit, dass der Rettungsdienst eher gerufen wird als früher“, erklärt der Lei- ter des Rettungsdienstes im Landkreis Vechta, Oliver Peters von den Maltesern. „Aber auch die Tatsache, dass die kas- senärztlichen Notfallsprechstunden zen- triert wurden und nun oft weiter weg sind, trägt dazu bei“, ergänzt sein Kolle- ge Frank Flake, Leiter Rettungsdienst bei den Maltesern im Norden des Oldenbur- ger Landes, „wir können das Verhalten der Betroffenen gut nachvollziehen, aber es führt unweigerlich zu mehr unnötigen Einsätzen im Rettungsdienst, zu überfüll- ten Notfallaufnahmen in den Kranken- häusern und am Ende natürlich auch zu höheren Aufwendungen für die Kosten- träger!“ Gemeinde-Notfallsanitäter haben mehr Zeit und einen breiteren Focus Ein Modell aus Amerika soll nun Abhil- fe schaffen. In den Landkreisen Vechta, Cloppenburg, Ammerland und in der Stadt Oldenburg sollen bald sogenannte „Gemeinde-Notfallsanitäter“ zum Ein- satz kommen. Darauf haben sich die Ret- tungsdienste, die Gebietskörperschaften und die Kostenträger geeinigt. Im Gegen- satz zu den „Rettern“ liegt der Fokus der Gemeinde-Notfallsanitäter nicht darauf, schnell gefährdetes Leben zu retten, son- dern Patienten in unklaren oder überfor- dernden Situationen zu helfen, zum Bei- spiel bei einemKatheterwechsel oder dem Anlegen eines Verbandes. „Etwa so, als wenn der Hausarzt seine Krankenschwester schicken wür- de“, erklärt Peters. Der Einsatz er- folgt aber wie beim Rettungsdienst durch die Leitstelle, bei der alle Notrufe auflaufen. Wenn dort aku- te Lebensgefahr ausgeschlossen werden kann, bleibt der Rettungs- wagen künftig „im Stall“ und der Gemeinde-Notfallsanitäter sucht den Patienten auf. Und das mit deutlich mehr Zeit im Gepäck, als die Retter sie hätten. Wissenschaftliche Begleitung sichert die Erfahrungen So kann er nicht nur behandeln, sondern auch beraten und unter- stützen. „Er kann wie ein Binde- glied zwischen dem Patienten, den Angehörigen, dem Hausarzt oder dem Pflegdienst fungieren und auf diese Weise ganz ohne Blaulicht nachhaltige Hilfe leisten“, erläutert Flake. Das Pilotprojekt wird vom Klinikum Ol- denburg, der Uni Oldenburg und einem Professor der Uni Maastricht wissen- schaftlich begleitet. So werden nach einem Jahr signifikante Ergebnisse über die Auswirkungen zur Verfügung stehen. Aber bereits jetzt stößt das neue System, das sich in den Staaten bereits bewährt hat, bundesweit auf reges Interesse in der Fachwelt. Peters und Flake sind sich aber schon sicher: „Das bringt’s!“ Im September beginnt die dreimonatige Weiterbildung für interessierte Notfallsa- nitäter. Allein aus dem Landkreis Vechta gibt es schon acht Bewerber dafür. Im Januar 2019 soll es dann losgehen mit je einem Gemeinde-Notfallsanitäter für den Bereich mehrerer Rettungswachen. Wenn es nicht um Leben oder Tod geht: Gemeinde-Notfallsanitäter haben mehr Zeit und einen breiten Fokus Foto: Malteser

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