Malteser Magazin 02/2018 Nord/Ost

malteser regional  •  Nord/Ost Malteser magazin • 2/18 III Vielfalt der Gefühle Ein Projekt macht sich stark für kultursensiblen Zugang in der Trauerbegleitung Integration – eine Aufgabe, ein Gefühl und ein gesellschaftlicher Prozess, vor der jeder Malteser steht und die für jeden spürbar ist. Bestehende Dienste müssen sich mit den Veränderungen der Gesell- schaft auseinandersetzen und sich an die Bedürfnisse der Menschen anpassen. Ein Bereich, der sich intensiv mit kul- tursensiblen Aspekten beschäftigt, ist das Ambulante Hospiz- und Palliativ- beratungszentrum der Malteser in Mag- deburg. Immer wieder wurden in den letzten Monaten Anfragen an den Dienst gestellt, ob eine Trauerbegleitung auch für Zugewanderte möglich wäre. Doch wie müssen die Angebote gestaltet sein, um Menschen aus anderen Kulturkreisen erreichen zu können? Das Projekt „Abschiede gestalten, Res- sourcen stärken“, gefördert durch das Bundesministerium des Innern, stellt ge- nau diese Frage in den Mittelpunkt. Im Rahmen des Projektes werden Bedingun- gen geschaffen, um Menschen mit Migra- tionshintergrund einen kultursensiblen Zugang zu Trauer, erlebtem Verlust und Abschieden zu ermöglichen. Die Projekt- leiterin Dana Sens kümmert sich seit Au- gust 2017 um das Projektgeschehen und berichtet im folgenden Interview aus ih- rer Arbeit. Neue Wege zu beschreiten ist nicht im- mer einfach. Warum haben Sie sich ganz bewusst für die Leitung dieses Projektes entschieden? Dana Sens: Ich bin seit Jahren ehrenamt- lich für die Malteser tätig, daher kenne ich die Dienste. Für mich gehört es zum Leben dazu, soziale Verantwortung zu übernehmen – Menschen zu unterstüt- zen, die Hilfe benötigen. Sicher auch einer der Gründe, warum ich Krankenschwes- ter geworden bin. Mein privates Umfeld ist geprägt von vielen verschiedenen Kul- turen und ich bin sehr dankbar, dass ich nun aktiv an einer Wertschätzungs- und Anerkennungskultur unserer Gesell- schaft mitarbeiten darf. Es macht einfach Freude, miteinander Vielfalt entstehen zu lassen, zu sehen, dass Schritt für Schritt kulturelle und religiöse Vielfalt zur Nor- malität wird. Vielen Betroffenen fällt es nach einem Verlust schwer, sich zu öffnen und Hilfe in Anspruch zu nehmen. Welche Erfah- rungen haben Sie gesammelt im Aus- tausch mit Geflüchteten? Dana Sens: Der größte Teil der Menschen kann Trauer auch ohne fachliche Beglei- tung bewältigen, dann durch die Unter- stützung des sozialen Umfeldes. Auch die Kultur der Geflüchteten ist stark geprägt durch das gemeinschaftliche Durchleben solcher Ereignisse mit der Familie, Freun- den und Bekannten. Da diese jedoch in vielen Fällen die Flucht nicht mitange- treten haben oder währenddessen vonei- nander getrennt wurden, müssen diese Unterstützungsgemeinschaften hier in Deutschland erst neu entstehen. In ers- ter Linie sind betroffene Geflüchtete mit ihrer Existenz gut beschäftigt. Das heißt Arbeitsplatz, Wohnung, Familiennach- zug usw. Die große Vielfalt von Gefühlen Trauernder zeigt sich häufig erst dann, wenn sich die Situation vor Ort stabilisiert hat. Wie gestalten Sie die interkulturelle Trauerbegleitung? Dana Sens: In der interkulturellen Trau- erbegleitung richten wir unseren Blick nicht nur auf die Verlustereignisse. Im Vordergrund steht zunächst, die Ressour- cen für die Bewältigung zu erkennen und zu stärken, zum Beispiel durch die Un- terstützung in der Netzwerkbildung mit gemeinsamen Aktivitäten und Förderung des Austauschs. In der Gemeinschaft kann Vertrauen entstehen – für uns eine sehr gute Grundlage, um sehr persönliche Erlebnisse und Ereignisse teilen zu kön- nen. Dana Sens, Projektleite- rin Kultursensible Trau- erbegleitung Manuela Moritz „Begegnungen“ (links) Marco Almahasen, „Raqqa and Forced Displacement“, sy- rischer Künstler, der seine Trauer in Bildern ausdrückt (unten)

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