Malteser Magazin 02/2019

Malteser magazin • 2/19 DAS PORTRÄT Immer an der Seite der Bedürftigen Dr. med. Gabrielle von Schierstaedt leitet die MMM-Praxis in Münster und die MMM-Arbeit auf Bundesebene. Für ihr herausragendes Engagement hat Gabrielle von Schierstaedt den „Domstein“ des Vereins der Domfreunde in Münster erhalten. Sie hat zwei Berufe, fünf Kinder, sechs Enkelkinder, ist Diözesano- berin und stellvertretende Diözesanleiterin der Malteser in Müns- ter und leitet nicht nur die Praxis der Malteser für Menschen ohne Krankenversicherung (MMM) in der Domstadt, sondern auch die MMM-Arbeit auf Bundesebene: Gabrielle von Schierstaedt steht mit beiden Beinen fest im Malteserleben und ist so ein Halt für viele. Die promovierte Ärztin und examinierte Physiotherapeutin erlebt Ar- mut konkret in der MMM-Praxis in Münster. „Es gibt Patienten, die als Selbständige früher privat krankenversichert waren, sich dann die Ver- sicherungsbeiträge nicht mehr leisten konnten, noch im eigenen Haus wohnen und, um das Eigenheim nicht zu verlieren, keine Sozialleistun- gen beantragen wollen“, berichtet Schierstaedt. „Manche sind aber auch einfach zu stolz, um zum Sozialamt zu gehen.“ In der MMM wird immer wieder auch verschämte Armut sichtbar. „Mich bedrückt, dass die Menschen, bis sie endlich zu uns in die MMM kommen, gesundheitlich am Boden sein müssen, dass sie oft nicht den Mut finden, sich rechtzeitig helfen zu lassen“, bekennt die Medizinerin, die ihren 70. Geburtstag bereits gefeiert hat, aber mit ihrem Elan viel jünger wirkt. So kommen manche der Patienten von weit her, weil sie sich zu Hause nicht als bedürftig zeigen wollen. Ein besonderer Fall ist ein wohnsitzloser Diabetiker, der von sich sagt, aus einer angesehenen Familie zu kommen, wohl in einer Gartenlaube schläft und seit fünf Jahren pünktlich immer dann zur MMM kommt, wenn er neue Me- dikamente braucht. Wenn dann im Kreis der MMM-Ärzte die – nach- vollziehbare – Idee entsteht, ihm in Zukunft nichts mehr zu geben, um ihn dazu zu bringen, nun endlich einmal Sozialhilfe zu beantragen, hat Schierstaedt eine klare Meinung: „Das können wir nicht machen!“ Ärgern kann sich die Ehrenamtliche über zu viel Bürokratie und Hierar- chie bei den Maltesern. Aber sie wäre nicht so respektiert und zugleich beliebt in der Helferschaft, wenn sie nicht auch Mittel und Wege fände, sich davon nicht über Gebühr bremsen zu lassen. Denn letztlich sieht sie den Sinn und die Stärke der Arbeit un- ter dem achtspitzigen Kreuz im Gebot tätiger Nächsten- liebe. „Der christliche Glaube ist unser Fundament. Man muss ihn nicht immer vor sich hertragen, aber in unserer Arbeit wird er deutlich.“ Das nimmt von Schierstaedt auch ganz praktisch, indem sie beispielsweise darauf besteht, dass die Helferinnen und Helfer vor einem Sa- nitätsdienst im Dom vom Zelebranten gesegnet werden. Gabrielle von Schierstaedt, die ihren Mann, einen Mö- bel-Restaurator, während des Studiums kennengelernt hat, vermag mit Rückgrat und Standfestigkeit aufzu- treten, und das nicht nur, weil sie als eine Gräfin von Galen geboren wurde. Das kann dann schonmal der Malteserorden zu spüren bekommen, wenn sie als Or- densdame und Mitglied des Kuratoriums der Malteser Betriebsgesellschaft Rhein-Ruhr den Eindruck hat, die- ses Gremium werde nur zum Abnicken von zentralen Beschlüssen aus Köln gebraucht. Oder auch der nord- rhein-westfälische Gesundheitsminister Karl-Josef Lau- mann, wenn er bei einer Veranstaltung von seinem Re- demanuskript abweicht und in einer Nebenbemerkung von den Zugewanderten sagt, sie würden ja gern die für sie hier kostenlose Medizin mitnehmen. Da kann Schierstaedt dann auch grundsätzlich werden und da- gegenhalten: „Es sind Menschen, die hier in unserem Land sind und die Hilfe brauchen, wenn sie krank sind – egal ob sie arbeiten oder nicht!“ Christoph Zeller Foto: Joachim Busch Foto: Stephan von Salm-Hoogstraeten 13

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