VII Malteser Magazin 1/22 wir Malteser in Nordrhein-Westfalen „Die Flut hat auch seelische Krusten weggerissen“ Seit der Eröffnung des Malteser Fluthilfebüros in Rheinbach im November 2021 obliegt die Leitung der Anlaufstelle für hochwasserbetroffene Menschen Malteserin Elke Friedrich. Im Folgenden drei Fragen an sie. Frau Friedrich, woher kommen Sie? Elke Friedrich: Ich komme aus Bornheim-Alfter und war vor meiner Tätigkeit bei den Maltesern fünf Jahre lang als Engagement-Förderin der katholischen Kirche in Alfter Ansprechpartnerin für Ehrenamtliche in unserer Gemeinde. Im Zuge dessen entwickelte ich Projekte und arbeitete mit geflüchteten Menschen. Nach dem Einsetzen des Jahrhunderthochwassers setzte ich mich bereits mehrere Monate für Flutgeschädigte ein. Wie gehen Sie mit den verschiedenen Anliegen um, die im Rahmen der Fluthilfe an Sie gerichtet werden? Friedrich: Es gibt die einfachen Anfragen nach Anträgen zur Soforthilfe. Da haben wir standardisierte Vorgehensweisen. Wenn mir Menschen jedoch ihre Geschichten erzählen, ist für mich dabei ganz wichtig, dass ich offenbleibe. In dem Moment mache ich dann auch nichts anderes als zuzuhören. Ich schreibe also nichts auf oder Derartiges. Was man erzählt bekommt, geht von der Flutnacht über das, was die Menschen zu diesem Zeitpunkt erlebt haben, bis hin zu dem, was im Nachhinein passiert ist. Ganz oft allerdings geht es auch darum, was früher war. Die Flut war und ist ein absoluter Ausnahmezustand und hat häufig seelische Krusten weggerissen. Daher kommen auch Dinge hoch, die vor 20 oder 30 Jahren passiert sind. Der Sohn, der vor 40 Jahren als Kind gestorben ist, wird plötzlich wieder ganz präsent. Wie schätzen Sie die Situation in den nächsten zwei bis drei Jahren ein? Friedrich: In der Theorie spricht man in den ersten zwei bis drei Jahren nach einer solchen Katastrophe von der heißen Phase. Ich glaube, dass sich all dies noch länger zieht. Menschen, deren Haus noch steht und teilweise wieder in Ordnung gebracht wurde, aber letztendlich doch abgerissen werden muss, werden noch einmal mit finanziellen Belastungen konfrontiert. Keineswegs zu unterschätzen ist auch die seelische Belastung. Daher müssen wir sehr aufmerksam sein, was um uns herum passiert, immer wieder Angebote machen und präsent sein, damit die Menschen auch das Vertrauen haben zu kommen, wenn etwas ist. Elke Friedrich ist mittlerweile auch eine kompetente Ansprechpartnerin für Journalisten rund um das Thema Fluthilfe geworden wie hier in der WDR Lokalzeit Bonn. Foto: Screenshot/Kai Vogelmann Viele Senioren lösen bei Einsamkeit Alarm aus Zwischen Heiligabend und dem 2. Januar gab es beim Malteser Hausnotruf in Nordrhein-Westfalen 4.310 Mal Alarm. Der Rettungswagen rückte insgesamt 350 Mal aus. Mehr als die Hälfte der Alarme waren ein Signal der Einsamkeit. In rund 1.400 Fällen kümmerte sich ein Malteser vom Hintergrunddienst oder ein von der Hausnotrufzentrale benachrichtigter Nachbar, Verwandter oder der Hausarzt um den meist älteren Menschen. Aber bei knapp 2.500 Alarmauslösungen, d. h. in sechs von zehn Fällen, war keinerlei Hilfeleistung erforderlich. Die Malteser telefonierten mit den Seniorinnen und Senioren. Bei diesen Gesprächen stellte sich heraus, dass es soziale Hilferufe waren. Das sind Alarme, die Menschen aus Einsamkeit ausgelöst haben, um einfach mal wieder mit jemandem zu sprechen. Zwischen dem 27. und 30. Dezember lag deren Zahl mit durchschnittlich 200 Alarmen pro Tag vier Mal so hoch wie an den übrigen sechs Tagen. Ruth Horn-Busch, Leiterin Hausnotruf der Malteser in Nordrhein-Westfalen: „Wir betreuen in Nordrhein-Westfalen rund 40.000 Hausnotrufkunden und beobachten besorgt, wie viele ältere Menschen schon unter Einsamkeit leiden. Das ist ein ernstes gesellschaftliches Problem.“ Um die Einsamkeit der Senioren zu lindern, haben die Malteser, unabhängig vom Hausnotruf, an zahlreichen Standorten in NRW ehrenamtlich getragene Dienste eingerichtet – ein Projekt in Kooperation mit dem Bundesfamilienministerium.
RkJQdWJsaXNoZXIy NDEzNzE=