Malteser Magazin 01/2021 Bayern/Thüringen
wir Malteser in Bayern / Thüringen VII Malteser Magazin 1/21 Menschen brauchen Menschen: Kinder- und Jugendhospizarbeit in der Corona-Krise Diözese Augsburg. Wenn ein Kind oder Jugendlicher un- heilbar erkrankt ist, kennen Familien die Gefühle von Wut, Ohnmacht, verzweifeltem Kampf, Hoffen und Bangen, Mut und Trauer. Die Diagnose ändert alles: Lebensalltag, Lebens- perspektive und Lebenssinn. Plötzlich ist nichts mehr, wie es war, und alles wächst einem über den Kopf. Die Betreuung eines schwerkranken Kindes oder Jugend- lichen bringt Eltern oft an die Grenzen der physischen und psychischen Belastbarkeit. Mit dem ersten Lockdown zu Be- ginn der Corona-Krise war dann plötzlich alles noch extre- mer. Was passiert, wenn man mit FFP2-Maske, Handschuhen und Schutzkittel zu Familien kommt, die ohnehin in einer Ausnahmesituation sind? Der natürliche, empathische Um- gang findet reduziert, distanziert statt. „Das, was notwendig ist, ein distanzloser, natürlicher menschlicher Umgang, geht plötzlich nicht mehr: Im Kinder- und Jugendhospiz haben wir es mit einer Risikogruppe zu tun. Die Familienbeglei- tung im direkten Kontakt war nicht mehr möglich“, stellt Sylvia-Maria Braunwarth, Koordinatorin des Kinder- und Jugendhospizdienstes, fest. Das Nahbare und der unkomplizierte Kontakt zu den Kindern waren plötzlich weg. Ohnehin eingeschränkt durch krankheitsbedingte Immobili- tät und/oder immungeschwächte Lage war das nun die ma- ximale Isolation für die Familien. Familienbegleitung im di- rekten Kontakt erfolgte ausschließlich in Notfällen, was die Familien akzeptierten und worauf einige sogar mit Erleichte- rung reagierten. Um die Familien etwas zu entlasten, haben die Mitarbei- tenden des Hospizdienstes mehr in der Organisation bei An- trägen, Gutachten etc. geholfen. Enger Telefonkontakt mit Familienangehörigen und auch manchen Erkrankten, wenn dies möglich war, wurde durch ehrenamtliche Hospizhelfen- de wöchentlich geleistet. Um den Kontakt nach außen zu re- duzieren, wurde eine Einkaufshilfe angeboten. Es galt nun, Bewältigungsstrategien zu entwickeln, ein Gefüge aufrechtzuerhalten. Die Begleitung der Trauergrup- pen von Kindern und verwitweten Familienmitgliedern war eine der Herausforderungen. Kinder im Alter von sechs bis zehn Jahren brauchen eine Gruppe, um ihre Trauer zu bewäl- tigen. Nun finden nur noch Einzelgespräche statt. Die Malteser waren Unterstützer und entlastendes Ele- ment für die betroffenen Familien – nun sind sie auch eine potenzielle Gefahr. Trotzdem gibt es einen engen Zusam- menhalt, sowohl bei den Ehrenamtlichen als auch bei den zu betreuenden Familien. Es müssen aber Situationen möglich sein, wie in einem Notfall, bei denen die Hospizhelfenden trotz Corona da sind. Und das sind sie! Da sein auch in Corona-Zeiten! Highlights waren, dass die Ausbildung der Ehrenamtlichen im Juni 2020 zu Ende gebracht werden konnte. Und dass mit einem Fest im Freien mit Ballonkünstler Tobi van Deißen und Pizza es sogar möglich war, die Kindertrauergruppe im Sommer abzuschließen. „Von unserem Treffen mit all unse- ren Ehrenamtlichen unter Einhaltung der damaligen Hygie- nestandards zehren wir noch heute und freuen uns sehr auf eine Wiederholung! Ein neues Projekt ,Wind in der Mähne‘ haben wir auch auf die Beine gestellt“, so Braunwarth mit Blick in die Zukunft. Kinder- und Jugendhospizarbeit: Eines war und ist ganz klar – wir sind füreinander da. Dieser Dienst lebt von der Nähe! Wenn Kinder trauern … Foto: Malteser Köln Kinder- und Jugendhospizarbeit Kinder- und Jugendhospizangebote der Malteser in Bayern-Thüringen: Malteser Diözese Augsburg, Malteser Bistum Eichstätt, Malteser Unterfranken, Regensburg und Erfurt
Made with FlippingBook
RkJQdWJsaXNoZXIy NDEzNzE=