Malteser Magazin 02/2019

Malteser magazin • 2/19 6 das im Februar von den Maltesern in der Diözese Es- sen gestartete Projekt „Aktiv gegen Altersarmut“ leitet ( www.malteser-essen.de/dienste/altersarmut ) . Den Kontakt zu möglichen Empfängern vermitteln manchmal Sozial- stationen, Sozialämter, Kirchengemeinden, Tafeln, Haus- ärzte oder Menschen aus dem Umfeld der Betroffenen wie Nachbarn, Familienangehörige oder Bekannte. Aber es könnten – und müssten – viel mehr Bedürftige unter- stützt werden. „Deshalb entwickeln wir eine aufsuchen- de Seniorenhilfe, die nicht wartet, bis die Menschen von selbst um Hilfe bitten, sondern auf sie zugeht und ihnen einen möglichst niedrigschwelligen Kontakt in ein un- sererseits vernetztes Unterstützungssystem eröffnet“, er- läutert die 27-jährige Gesundheits- und Sozialwirtschaft- lerin. Zudem verfolgt das Projekt einen ganzheitlichen Ansatz, denn: „Armut ist nicht nur Geldmangel“, betont Leßmann, „sondern beispielsweise auch eine angegriffe- ne Gesundheit, eine miserable Wohnsituation und ins- besondere das Fehlen von Kontakten und sozialer Teil- habe.“ Lebenserfahrene Ehrenamtliche, hauptamtlich koordiniert und mit Know-how unterstützt, sind genau die Richtigen für diesen Erstkontakt. „Das Wichtigste für mich ist, dass ich nicht mehr einkau- fen und kochen muss, weil ich das mit meinem Fuß so- wieso nicht mehr kann, und trotzdem täglich etwas zu essen habe“, sagt Walter Reisinger, der seit einem Jahr an den Mahlzeiten-Patenschaften der Münchner Malte- ser teilnimmt. Nach einer schwierigen Kindheit bei den Großeltern hatte er mit psychischen Störungen zu kämp- fen, die im 35. Lebensjahr so heftig ausbrachen, dass der Elektriker-Geselle nicht mehr arbeitsfähig war. Hinzu kamen fünf Operationen am Fuß und zusätzlich noch Diabetes. Als er von seinen 600 Euro Rente die Miete nicht mehr bezahlen konnte, hat er Grundsicherung be- antragt, die ihm nun 520 Euro zusätzlich zur Miete zur Verfügung stellt. ARMUT Altersarmut ist nicht nur Geldmangel Malteser sehen und lindern die Not alter Menschen Wer hierzulande weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens ver- dient, gilt als armutsgefährdet. Die Rentner und Pensionäre lagen mit ei- ner Quote von 16 Prozent armutsgefährdeter Personen beim letzten Mi- krozensus ziemlich genau im Durchschnitt aller Bevölkerungsgruppen (15,8 Prozent). Nun verfügen die Pensionäre als ehemalige Beamte aber im Schnitt über deutlich höhere Alterseinkünfte als Rentenbezieher. Be- trachtet man daher nur die in reinen Rentnerhaushalten lebenden Men- schen, sind diese zu 19,5 Prozent armutsgefährdet. Das bedeutet konkret, dass fast jede fünfte Person, die eine Rente bezieht, monatlich weniger als 999 Euro zum Leben hat, bei betroffenen Paaren sind es weniger als 1.499 Euro, wie die Süddeutsche Zeitung am 21.2.2019 online berichtet. Außerdem ist Altersarmut mehrheitlich weiblich: Von einem Rentenein- kommen unter 800 Euro monatlich waren Ende 2016 27 Prozent Männer und 64 Prozent Frauen betroffen („ZEIT“ online vom 12.7.2018). Wenig Geld zum Leben ist aber gerade für Menschen fortge- schrittenen Lebensalters fatal. Denn oft wird das zunehmen- de Alter von Einschränkungen der Mobilität, der sozialen Kon- takte und der Gesundheit be- gleitet, die weitere finanzielle Mittel erfordern, ohne dass die älteren Menschen in der Lage wären, selbst noch für einen zusätzlichen Verdienst zu sor- gen. Und gerade dieser Mangel, sich selbst helfen zu können, führt bei vielen Betroffenen zu Scham und dem Bemühen, nach außen nichts davon zu zeigen. So verzichten alte Men- schen überproportional häufig darauf, Sozialleistungen zu be- antragen. Wobei neben Scham und Stolz auch ein Informa- tionsmangel eine Rolle spielt, denn viele Seniorinnen und Senioren fürchten noch fälsch- licherweise, dass ihre Kinder oder Enkel vom Sozialamt in Regress genommen werden könnten. 6.205 Essen haben die Malteser im vergangenen Jahr im Ruhrgebiet im Rahmen ihrer Mahlzeiten-Pa- tenschaften an Bedürftige ausgelie- fert. „Aber die wenigsten Empfän- ger melden sich selbst und geben zu: Ich schaffe es nicht mehr, mir eine warme Mahlzeit am Tag zu fi- nanzieren“, sagt Vera Leßmann, die Aktiv gegen Altersarmut „Wir stellen den alten Menschen mit seinem individuellen Hil- febedarf in den Mittelpunkt“ sagt Vera Leßmann, Projektleite- rin „Aktiv gegen Altersarmut“ in Essen. Zur Hilfe am Monatsende: Die Kemp- tener Ehrenamtlichen beim Zusammen- stellen der Lebensmittel-Pakete Foto: Malteser Essen Foto: Malteser Kempten

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